Als Firma sind wir nach dem Prinzip der Soziokratie organisiert: Viel Engagement, eine Mission, keine Hierarchien. Bei uns arbeiten alle gleichwertig zusammen, tragen gemeinsam Verantwortung und gestalten kreativ die Ökomarktgemeinschaft mit. So ist jedenfalls die Theorie. Im Arbeitsalltag klang es am Anfang eher so: „Oh nee, schon wieder so ein Treffen für den Kreis Packstelle, lieber schnell noch fertig packen und nicht unterbrochen werden“. Aber was soll's. Das erste Thema wird vorgestellt und die Meinungsrunden beginnen. Alle äußern sich der Reihe nach und die Kommentare werden protokolliert. Ich horche auf. Die Kollegin, die sich sonst nie äußert, hat einen interessanten Punkt in die Diskussion eingebracht. Am Ende haben wir alle das Gefühl, eine gute Lösung gefunden zu haben. Die Entscheidungen werden im Konsent getroffen, das heißt keine gravierenden Einwände sind vorhanden. Ich blicke in zufriedene Gesichter. Früher haben wir über solche Themen während unserer Pausen geredet. Die fanden über dem Hühnerstall statt und oft klang es auch so. Nicht immer konnten sich die besten Lösungen durchsetzen, weil nicht alle Seiten gehört wurden und viele kluge Ideen in der allgemeinen Aufregung unter gingen und nicht dokumentiert wurden. Nach einem Jahr sind diese Treffen Routine geworden. Die ersten kleineren Krisen haben wir erfolgreich und im Konsent gemeistert. Das gibt uns Selbstvertrauen, dass wir auch komplizierte Sachverhalte im Team lösen können. Nun werden wir ein neues Element der Soziokratie in unseren Arbeitsalltag einzubauen: die offene Wahl. Menschen, die Funktionen und Aufgaben übernehmen sollen, werden in einem moderierten Prozess gewählt. Die erste Runde ist gemacht und in 6 Monaten ziehen wir Bilanz. So arbeiten wir uns Stück für Stück weiter in der spannenden Welt der Soziokratie voran.